Zusammenarbeit gegen Neonazismus und Rassismus fördern
21. Januar 2011
Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein breiter Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, um den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten. Die VVN ist ihrem Grundverständnis nach deshalb überparteilich und keiner Weltanschauung verpflichtet. Sie möchte Menschen verschiedener Generationen und verschiedener Anschauungen gleichberechtigt in ihrem Engagement zusammenführen. In dieser Vielseitigkeit liegt die Stärke des Antifaschismus. Jede Verengung schwächt den Antifaschismus, weil andere Auffassungen und damit andere Mitstreiter ausgegrenzt werden. Deshalb arbeitet die VVN-BdA in München auf folgender Grundlage in Bündnissen gegen das Auftreten von Neonazis: Ziel der Bündnisse ist es, den Protest gegen das öffentliche Auftreten der Neonazis möglichst deutlich und möglichst breit werden zu lassen und damit klar zu machen, dass deren menschenverachtende Propaganda nicht einfach hingenommen wird. Der Protest richtet sich also gegen die Neonazis und deren Propaganda. Wir protestieren aber auch gegen die politisch Verantwortlichen, weil wir als VVN das Verbot von Neonazi-Organisationen und deren Propaganda als Verfassungsauftrag begreifen. Deshalb geht es unserem Verständnis nach nicht um Protest gegen den „Staat an sich“ oder gegen die Polizei, die leider all zu oft von Politik und Gerichten gezwungen wird, das angebliche Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit auch für Neonazis durchzusetzen. Unsere Proteste sind friedlich und gewaltfrei; sie stehen damit auch im Gegensatz zu Theorie und Praxis der Neonazis. Wenn jedoch viele Menschen sich den Neonazis in den Weg stellen – wie dies kürzlich u.a. am 8. Mai 2010 in Fürstenried gelungen ist – so sehen wir darin in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht kein Mittel der Gewalt, sondern ein Mittel des zivilen Ungehorsams zum Schutz von Demokratie und Menschenwürde. Grundsätzlich wollen wir bei allen Protestformen zur Deeskalation und zum gemeinsamen, bunten und solidarischen Handeln beitragen, um möglichst viele Menschen einzubeziehen. Wir wollen im Bündnis immer wieder Verständnis für unterschiedliche Zugänge zum Handeln schaffen, Menschen zusammenführen und den vertrauensvollen Umgang fördern; wir wollen mithelfen, dass engagierte Menschen weder als „linksextrem“ noch als „bürgerlich“ ausgegrenzt werden; wir wehren uns gegen die Verabsolutierung eines „richtigen“ oder „konsequenten“ Antifaschismus oder gegen die falsche und diffamierende Gleichsetzung von „Linksextremismus“ und „Rechtsextremismus“; wir stellen nicht unterschiedliche politische Anschauungen in den Mittelpunkt, sondern immer wieder den Konsens im gemeinsamen Anliegen: die Zurückdrängung faschistischer Kräfte und Ideologie.