3. September 2014
Ehemalige NS-Verfolgte mahnen:
Flüchtlinge willkommen heißen!
Flüchtlinge aufnehmen und willkommen heißen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein
Steffi Wittenberg geb. Hammerschlag wurde 1926 in Hamburg geboren. Schon am 30. Januar 1933, nach der Machtübertragung an Hitler, sagte ihre Mutter: „Wir Juden müssen Deutschland verlassen, sonst werden wir alle von den Nazis umgebracht.” Sie hatte die Hetzparolen in den öffentlichen Aushängen der Nazi-Zeitungen jahrelang mit wachsender Sorge verfolgt.
Aber die Emigration nach Uruguay gelang der Familie Hammerschlag erst 1938/39; vorher wurden sie von Erwerbsleben und Besuch öffentlicher Schulen ausgeschlossen, erlebten die Geschäftsboykotte, die Bücherverbrennung, die Nürnberger Rassengesetze, die Reichspogromnacht, und mussten sich zahllose Male solch menschenfeindliche Parolen und Lied-Fetzen wie „wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann geht‘ s noch mal so gut” anhören.
Steffi sagt heute dazu:
„Als Jüdin, die ihr Leben dem Asyl in Uruguay verdankt, ist es für mich selbstverständlich, dass gerade Deutschland die Vergangenheit nicht nur mit Gedenken aufarbeiten muss, sondern auch durch Handeln nach dem ursprünglichen Artikel 16 a des Grundgesetzes ,Politisch Verfolgte genießen Asylrecht‘.
Deshalb empört mich die Behandlung der Zuwanderer, die nach Deutschland kommen. Sie kommen zu uns, nachdem sie in ihren Herkunftsländem verfolgt und bedrängt wurden oder flüchten vor Kriegen, die auch mit deutschen Waffen und zunehmend auch mit deutschen Soldaten geführt werden. Wir schicken sie in enge Unterkünfte, verbieten ihnen zu arbeiten und schieben sie schließlich ab.
Da das Visum für meine Mutter und mich kurz vor unserer geplanten Ausreise 1938 von der uruguayischen Regierung plötzlich gesperrt wurde, erinnere ich mich noch genau an die Verzweiflung, die wir ein Jahr lang durchlebten, bis mein Vater, der bereits mit meinem Bruder in Uruguay war, endlich neue Visa für uns besorgen konnte und so unsere Ausreise noch nach dem deutschen Überfall auf Polen ermöglichte.
Diese Erfahrung hat mein Leben geprägt und lehrte mich, dass in Not geratene Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, hier unter menschenwürdigen Bedingungen Aufnahme finden müssen.”
Der Landesverband Bayern der VVN-BdA hat Steffi Wittenbergs Mahnung als DINA5-Flyer gedruckt. Dieser eignet sich gut zum Verteilen überall dort, wo wegen bereits existierender oder geplanter Flüchtlingsunterkünfte eine Debatte über das Asylrecht aufkommt. Der Flyer ist erhältlich im Büro der VVN-BdA, Frauenlobstr. 24 (Rckgb.), 80337 München, Tel. 531786.